Belegarzt – Verzahnung von ambulanter und stationärer Versorgung

Die Politik arbeitet aktiv an einer Verbesserung des deutschen Gesundheitssystems. Dabei nehmen die Stimmen bezüglich fehlender Koordination und Kooperation an den Schnittstellen der verschiedenen Versorgungssektoren zu.

Die Folge davon ist, dass im Rahmen der Patientenbehandlung die verschiedenen Gesundheitsberufe nicht simultan einbezogen werden.Die Therapien sind somit nicht optimal aufeinander abgestimmt.

Patienten werden also nicht dort behandelt, wo es angemessen ist. Untersuchungen erfolgen doppelt. Es kommt zu Informationsverlusten, was wiederum zu einer schlechteren Wirtschaftlichkeit und Behandlung führt.

Das Modell des Belegarztes könnte hierbei zu beträchtlichen Verbesserungen führen. In der Vergangenheit war das Modell laut Statistiken eher ein Rückläufer in der Entwicklung. Stimmen aus der Gesundheitspolitik und Fachkreisen befürworten jedoch immer stärker einen Ausbau des Modells. So scheint sich ein Trend dahingehend zu entwickeln, dass der Belegarzt als innovative Zukunftsperspektive betrachtet wird. Die Anzahl der Belegärzte könnte damit künftig wieder steigen.

Angesichts des demografischen Wandels und der Marktlage im Gesundheitswesen, könnte besonders in ländlichen Gebieten das Angebot an Facharztgebieten breiter abgedeckt werden. Weiterhin könnte die Effektivität durch die gemeinsame Nutzung bestehender Strukturen, wie Großgeräte und OP-Kapazitäten, erhöht werden.

Aber wie sieht der Beruf des Belegarztes im Detail aus? In diesem Artikel erfahren Sie alles über die Definition, Voraussetzung sowie Chancen und Hindernisse in der Ausübung.

Belegarzt – die Definition

Niedergelassene Ärzte erhalten von Krankenhäusern eine feste Bettenanzahl in einer sogenannten Belegstation. Der Belegarzt ist somit berechtigt die Krankenhauseinrichtung zur Behandlung seiner Patienten zu nutzen und die Betten mit Patienten bei Bedarf zu belegen. Die Behandlung kann teilstationär oder stationär erfolgen.

Durch die Überlassung der Betten können Krankenhäuser ihr Spezialisierungsspektrum erweitern ohne dabei Fachärzte fest einstellen zu müssen.

Der Belegarzt zahlt für die Nutzung einen zuvor vereinbarten Betrag. Die Abrechnung der erbrachten Gesundheitsleistung nimmt der Belegarzt eigenständig vor. Das Krankenhaus zahlt dem Belegarzt somit keine Entlohnung.

Typischerweise agieren Belegärzte in Kliniken innerhalb der Fachrichtungen wie Orthopädie, HNO, Urologie und Gynäkologie. Sie nutzen die Einrichtungen der Krankenhäuser für spezielle Untersuchungen oder Therapien und führen dort in aller Regel auch Operationen durch.

Voraussetzung für die Belegarzttätigkeit

Bei Interesse an einer belegärztlichen Tätigkeit muss das betreffende Krankenhaus zustimmen. Dazu wird zunächst ein Konsens über die Kondition zur Anmietung betreffender Belegbetten gefunden.

Nach Einigkeit zwischen dem Krankenhaus und dem potenziellen Belegarzt kann ein Antrag auf Anerkennung als Belegarzt gemäß § 121 des fünften Sozialgesetzbuches (SGB V) in Verbindung mit den jeweiligen Bundesgesetzen gestellt werden.

Allerdings muss das Krankenhaus bundesweit abweichend, regulierte Kriterien erfüllen.

Kriterien für Krankenhäuser zur Beschäftigung von Belegärzten

In Hessen muss beispielsweise das entsprechende Krankenhaus in der aktuellen Fassung des hessischen Krankenhausplans ausgewiesen sein. Des Weiteren muss es die Fachrichtung des Belegarztes als Belegabteilung betreiben und darf nur maximal 30 Minuten von der Praxis und vom Wohnsitz des Belegarztes entfernt sein.

Außerdem müssen niedergelassene Ärzte in ihrer Funktion als Belegarzt eine ordnungsgemäße stationäre Versorgung der Patienten gewährleisten. Falls diese Versorgung, durch die Nebentätigkeit nicht mehr erhalten werden kann, so ist der Arzt als Belegarzt ungeeignet.

Abrechnung der Leistungen

Wie bereits erklärt, nimmt der Belegarzt die Abrechnung der belegärztlichen Leistung selbst vor. Dazu hat er sich nach den Regelungen des fünften Sozialgesetzbuches (SGB V) zur gesetzlichen Krankenversicherung zu richten.

Alle belegärztlichen Leistungen sind im § 121 SGB V ausführlich definiert. Im dritten Absatz wird ausgeführt, dass die belegärztlichen Leistungen aus der vertragsärztlichen Gesamtvergütung vergütet werden. Der ärztliche Bereitschaftsdienst des Belegarztes, sowie für seine Patienten veranlasste Leistungen, die von im Krankenhaus angestellten Ärzten vorgenommen werden, sind im Sonderstatus des Belegarztes berücksichtigt.

Die Leistungen werden bei den gesetzlichen Krankenkassen laut des einheitlichen Bewertungsmaßstabes (EBM) im Bundesmantelvertrag § 87 SGB V abgerechnet. Der EBM stellt das Vergütungssystem der vertragsärztlichen Versorgung in Deutschland dar. Die exakte Abrechnung aller Leistungen, die von Krankenhäusern und Ärzten vorgenommen werden, sind darin im Detail durch Einteilung in sechs Kategorien definiert.

  • Arztgruppenübergreifende allgemeine Leistungen
  • Allgemeine diagnostische und therapeutische Leistungen
  • Arztgruppenspezifische Leistungen
  • Arztgruppenübergreifende spezielle Leistungen
  • Kostenpauschalen
  • Anhänge

Die Abrechnung eines Belegarztes erfolgt demnach wie die Abrechnung eines niedergelassenen Arztes.

Allerdings sind Belegärzte bei ihrer Arbeit im Krankenhaus bei der Abrechnung im Vergleich zu im Krankenhaus angestellten Ärzten insofern eingeschränkt, dass sie keine „wahlärztliche Leistungen“ erbringen und somit auch nicht abrechnen dürfen.

Diese speziellen Leistungen sind als solche zu verstehen, welche Patienten im Krankenhaus neben den grundlegend stationären Leistungen privat dazu kaufen, wie beispielsweise die Chefarztbehandlung. Der § 17 des Krankenhausgesetzes bestimmt die Abrechnung dieser Zusatzleistungen und er besagt, dass nur angestellte und verbeamtete Krankenhausärzte die Leistungen abrechnen dürfen.

Entsprechend sind Belegärzte in ihrem Leistungsangebot im Krankenhaus eingeschränkt, was letztlich zu geringeren Gehältern führen kann.

Anzahl und Trend von Belegärzten in Deutschland

Die aktuellste Studie zur Übersicht aller Belegärzte in Deutschland wurde von dem Zentralinstitut für die kassenärztliche Versorgung (Zi) veröffentlicht und von der Hochschule Niederrhein durchgeführt.

Als Basis der Studie wurden die DRG – Statistiken des Statistischen Bundesamtes der Jahre 2012, 2014 und 2016 ausgewertet.

Anzahl und Trend Belegärzte in Deutschland

Laut Studie sind die Zahlen der Belegärzte in den zurückliegenden Jahren rückläufig. Waren es im Jahr 2012 noch 5.628 Belegärzte, gab es bis Ende 2016 nur noch 4.906 davon. Weiterhin erfolgten im Jahr 2012 noch circa 3,9 % aller Behandlungen in den Hauptabteilungen der Krankenhäuser durch belegärztliche Versorgungen. Vier Jahre später waren es nur noch 2,8 %, was einen Rückgang von knapp 28% darstellt.

Trotz regionaler Unterschiede war der abnehmende Trend überall in Deutschland zu sehen. Besonders die Bundesländer, welche 2012 noch vergleichsweise hohe belegärztliche Behandlungen vorzeigten, verdeutlichen den Rückgang. Dazu zählen zum Beispiel Baden-Württemberg, Bayern, Hessen oder auch Schleswig-Holstein.

Parallel zu der bundesweiten Abnahme der belegärztlichen Versorgung, steigt die Behandlung in den Hauptabteilungen der Krankenhäuser. Nicht zu Letzt die erwähnten finanziellen Rahmenbedingungen lassen den Rückgang begründen.

Wahrnehmung der Wahl des Belegarztes aus der Facharztperspektive

In einem Diskussionsbeitrag nimmt Dirk Farghal, niedergelassener Facharzt für Chirurgie mit Belegarzt – Tätigkeit sowie Leiter der Arbeitsgemeinschaft Beleg- und Kooperationsärzte im Berufsverband der Deutschen Chirurgen e.V., persönlich Stellung zur aktuellen Position des Belegarztwesens.

Er persönlich begründet seine Wahl der belegärztlichen Tätigkeit mit dem Wunsch, Arzt und Chirurg sein zu wollen, da er so seinen „Handlungsspielraum und das Spektrum der Behandlungsmöglichkeiten im Gegensatz zur rein ambulanten Praxis sehr viel größer“ gestalten kann.

Gleichzeitig stärke er damit sein Selbstwertgefühl, indem er immer noch „Kliniker“ ist und schwierigen Herausforderungen entgegentreten kann. Weiterhin schätzt er den engeren Kontakt zu anderen Krankenhäusern und dort agierenden Kollegen.

Die erweiterte Qualifizierung im Sinne der Einarbeitung in die krankenhausinternen Organisationsabläufe bzw. die Dienst- und Organisationsschema muss er sich als Belegarzt selbstverständlich aneignen. Zudem besteht ein aufwendigerer Prozess in der Qualitätssicherung wie beispielsweise für das das IQTIG, für EndoCert und das Endoprothesen-Register.

Allerdings ist er durch die Teamarbeit nicht mehr nur auf sich selbst gestellt. Er kann sich dort mit seinen Kollegen austauschen und das Know-how sowie die Unterstützung des Pflegepersonals als Back-up nutzen.

Die gesamte Technik und Struktur des Krankenhauses steht ihm zur Verfügung, was den positiven Mehrwert und sein erweitertes Behandlungsspektrum ermöglichen.

In dem Diskussionsbeitrag fordert er danach „den Belegarzt neu zu denken“. Er solle wieder attraktiv gemacht werden, mehr Gewicht erhalten und als mögliche Lösung für den Strukturwandel dienen.

Dazu schlägt er folgende kurzfristigen Änderungen vor, welche in der Politik unmittelbar aufgegriffen werden sollen:

  • Streichung des Erlaubnisvorbehalts nach § 135 Abs. 1. bzw. § 137 Abs. 3 SGB V zur Ermöglichung eines breiteren Angebots an belegärztlichen Leistungen
  • Eine bundesweit extrabudgetäre Vergütung aller Belegarzt-Begleitleistungen, inklusive Leistungen außerhalb des Kapitels 36 des EBM
  • Eine Streichung oder Reduzierung des Abschlags in der Bewertung des Kapitels 36 im Vergleich zum Kapitel 31

Als mittel- und langfristige Lösungen spricht er sich für „Hausärzte als Belegärzte und als stationäre Kooperationspartner“ aus. Es sei bereits die Regel, dass Hausärzte in der Schweiz, in Österreich und Liechtenstein in die stationäre Behandlung eingebunden sind. Seiner Meinung nach könnten die Hausärzte besonders gut in die Geriatrie, Palliativmedizin und Hospizbetreuung einbezogen werden, da sie ohnehin schon diese Bereiche hauptsächlich ausfüllen.

Der Hausarzt als Belegarzt könne damit die allseits geforderte Verzahnung des hausärztlichen und fachärztlichen Bereichs im Gesundheitswesen einnehmen.

Dies begründet er darin, dass in der Regel die Hausärzte einen direkten Kontakt zu ambulanten Pflegediensten haben und die private Situation der Patienten gut kennen, was die ambulante Weiterversorgung bzw. das Entlassmanagement vereinfache.

Es könne damit eine kontinuierliche Behandlung gewährleistet werden, mit dem Resultat von weniger Informationsverlust.

Sein Fazit beschreibt das Belegarztwesen als potenzielles Modell der Zukunft und kein Auslaufmodell. Sofern dieses richtig entwickelt und ausgebaut würde, könne es insbesondere für den ländlichen Raum eine langfristige Lösung sein.

Fazit

Der Belegarzt, als niedergelassener Facharzt mit ausgehandelter Vollmacht zur teil- und vollstationären Behandlung seiner Patienten im Krankhaus, könnte in Zukunft zum Bindeglied der Schnittstellen von ambulanter und stationärer Patientenversorgung entwickelt werden.

Sobald der Facharzt mit einem Krankenhaus einen Konsens zur Nutzung von Belegbetten gefunden und die Anerkennung als Belegarzt gemäß § 121 des fünften Sozialgesetzbuches (SGB V) erhalten hat, kann er seinen Patienten, in der Klinik stattfindende Versorgungsleistungen als Mehrwert anbieten.

Vorteilhaft nutzt er die Struktur und Technik des Krankenhauses, bleibt jedoch kaufmännisch unabhängig von diesem, da er selbst seine vorgenommenen Leistungen bei der Krankenkasse abrechnet. Er bezahlt lediglich den vereinbarten Belegbetten Betrag an das Krankenhaus.

Zwar muss er sich den krankenhausinternen Strukturen fügen, kann aber dafür das Know-how seiner dortigen Kollegen sowie das Back-up, durch angestelltes Pflegepersonal, zum Vorteil des Patienten nutzen.

Die Abrechnungsregelungen des SGB V zur gesetzlichen Krankenversicherung beinhalten aktuell für den Belegarzt noch Hürden, sodass es zu einer finanziell unattraktiveren Vergütung im Vergleich zu im Krankhaus angestellten Ärzten führen kann.

Nicht zu Letzt durch die Verdiensteinschränkung zeigen die Statistiken einen Rücklauf der Belegarzt Zahlen in Deutschland.

In Deutschland wird immer stärker die fehlende Koordination und Kooperation an den Schnittstellen der verschiedenen Versorgungssektoren bemängelt. Was laut Dirk Farghal mit Hausärzten als Belegärzte verbessert werden könne. Die Schweiz oder auch Österreich binden bereits die Hausärzte in die stationäre Behandlung ein.

Die Politik arbeitet aktiv an der Verbesserung der Missstände im deutschen Gesundheitssektor. Die Berufswahl der Kombination eines niedergelassenen Facharztes und Belegarztes scheint im Hinblick auf den demografischen Wandel aussichtsreich zu sein.

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